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Glaziologiecamp in Südtirol

In diesem Schuljahr bestand für je fünf Schülerinnen und Schüler des Friedrich-Koenig-Gymnasiums und des Deutschhaus-Gymnasiums Würzburg die erstmalige Möglichkeit, an der 13. Ausgabe eines Glaziologiecamps in Südtirol im Zeitraum vom 18. bis 23. September teilzunehmen. Dort fand ein Austausch mit zwölf weiteren Schülerinnen und Schülern aus Südtirol statt und einheimische Referentinnen und Referenten vermittelten Informationen über den Naturraum Alpen mit besonderem Fokus auf Biologie, Glazialmorphologie und Geologie. Dieses einzigartige Projekt entstand in Zusammenarbeit mit europafels e.V., Erasmus+ und der deutschen und ladinischen Bildungsdirektion Südtirols.

Am Morgen des 18.09.2023 machten wir uns mit dem Bus auf den Weg nach Südtirol zum Glaziologiecamp. An der Franzenshöhe, einem Berghotel an der Passstraße zum Stilfser Joch, angekommen, begaben wir uns auf eine kleine Wanderung, um einen ersten Blick auf das nur wenige hundert Meter entfernte Gletschervorfeld zu werfen. Leider war uns der Blick auf den Ortler, den höchsten Berge Südtirols, noch verwehrt. Dieser eröffnete sich dann aber grandios am nächsten Morgen.

In den Dienstag starteten wir mit einem inhaltlichen Einstieg zum Thema alpine Gletscher. Am Vormittag trafen dann die Schülerinnen und Schüler und Lehrpersonen aus Südtirol ein. Nach einer kleinen Vorstellungsrunde starteten wir am Nachmittag direkt mit dem ersten Programmpunkt, einer Wanderung am Stilfser Joch. Der Geologe Christian Aspmair erklärte uns im Gelände die Besonderheiten der Landschaft und gab uns einen Einblick in die Historie der Region rund um das Stilfser Joch und den Ortler. Auf der Abstiegswanderung zur Franzenshöhe lernten wir etwas über Blockgletscher im alpinen Permafrost, die Klimageschichte der Alpen, die Einflüsse des 1.Weltkriegs, beispielsweise an den Relikten von Bauten aus dieser Zeit, und über die verschiedenen Gesteinsarten der beiden Talseiten, die aus Sedimentgesteinen bzw. metamorphen Gestein bestehen und so verschiedene Lebensbedingungen für Flora und Fauna schaffen. Den Abend ließen wir mit Aktivitäten zum gegenseitigen Kennenlernen ausklingen.

 

Das Tagesthema am Mittwoch war das Gletschervorfeld, in das wir uns am Vormittag mit verschiedenen Forscheraufträgen in Kleingruppen begaben, um Untersuchungen zur Geologie und Botanik des Gletschervorfeldes durchzuführen. Dabei ging es um die verschiedenen Gesteinsarten und deren Herkunft und die Formung der Landschaft des Vorfeldes durch fluviale, glaziale und glaziofluviale Erosion. Weitere Gruppen bestimmten das Vorkommen der verschiedenen Pflanzenarten (z.B. Pionierpflanzen), die sich im und um das Gletschervorfeld nach und nach ansiedeln. Jede Gruppe präsentierte am Nachmittag ihre Ergebnisse zu den verschiedenen Unterthemen. Am Abend erfuhren wir von Giuliano Bertagna in einer Videokonferenz über ein Forschungsprojekt zur Gletscherbohrung auf einem Gletscherplateau in der Provinz Tibet in China. Dort bohrte ein Forscherteam der Ohio State University in Kooperation mit chinesischen Experten bis zu 300 Meter tief ins Eis, um mit Hilfe der gewonnenen Eisbohrkerne das älteste Eis der mittleren Breiten zu finden und Schlüsse zu Klimaeinflüssen zu ziehen.

Das Highlight des Camps war für alle die Gletscherwanderung am Donnerstag. Wir fuhren von Sulden mit der Seilbahn auf die Bergstation Madritsch, um von dort aus mit den Bergführern die Suldenspitze (3376m) zu erklimmen. Eingespannt in Seilschaften und auf Steigeisen machten wir uns auf den Weg den Gletscher hinauf. Die Bergführer erklärten ausführlich, wie man sich auf dem Eis bewegt, erzählten uns über die Geschichte des Gletschers, dessen immer schneller voranschreitendes Abschmelzen und von ihren eigenen Erlebnissen ihrer zahlreichen Gletscherbegehungen. Die atemberaubende Gletscherlandschaft hat bei allen Teilnehmenden unvergessliche Erinnerungen geschaffen. Das anspruchsvolle Gelände und die große Höhe brachten uns sowohl körperlich als auch mental an unsere Grenzen, sodass wir den Abend gemütlich mit Gesellschaftsspielen ausklingen ließen.

Freitag war der Thementag Ökologie, an dem uns der Referent für Ökologie, Lukas Neuwirth, besuchte, der uns über Lebensräume im Hochgebirge und Schutzmaßnahmen für die Natur berichtete. Durch die abwechslungsreiche Gestaltung des Vortrags erhielten wir ein breitgefächertes Basiswissen zu Themen wie Baumaßnahmen in Naturschutzgebieten, Schutz und Identifizierung von Lebensräumen geschützter Arten und der Wichtigkeit der engen Zusammenhänge im Ökosystem der Alpen. Am Nachmittag hatten wir die Aufgabe, anhand eines Fallbeispiels den Bau einer Seilbahn auf das Stilfser Joch zu bewerten und konnten uns in die Komplexität der Thematik ‘Raubtier Wolf und der Umgang mit ihm’ hineinversetzen. Nach dem Abendessen erhielten wir von Paolo Gabrieli, einem Gletscher- und Weltraumforscher, Einblick in Forschungsprojekte im Eis auf dem Mond, dem Mars und dem Saturn, sowie in verschiedenen Gletscherregionen der Erde, unter anderem dem Ortler.

Am Samstag, nach einer kulturell und fachlich bildenden Woche, während nicht nur die Vermittlung von Fachwissen im Vordergrund stand, sondern auch der kulturelle Austausch nicht zu kurz kam, begaben wir uns, nachdem wir uns von unseren Südtiroler Freundinnen und Freunden verabschiedet hatten, auf den Heimweg nach Würzburg.

Wir bedanken uns bei europafels e.V., Erasmus+ und den genannten Bildungsdirektionen Südtirols für die einmalige Möglichkeit, diese sehr lehrreiche und informative Woche erleben zu dürfen. Gerade in Zeiten, in denen auf unserem Kontinent Krieg herrscht, ist es überaus wichtig, den Zusammenhalt und Austausch verschiedener Länder und vor allem der Jugend dieser Länder zu stärken. Ein weiterer Dank geht an die Referentinnen und Referenten und Lehrpersonen, welche uns die Woche über unterstützt und für unsere Sicherheit in gefährlichem Gelände, wie dem Gletscher, gesorgt haben.

Dieses Projekt wurde mit Unterstützung der Europäischen Kommission finanziert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung trägt allein der Verfasser; die Kommission haftet nicht für die weitere Verwendung der darin enthaltenen Angaben.

Ein gemeinsamer Bericht aller teilnehmenden Schülerinnen und Schüler des DHG & FKG
14.10.2023